DGB
Der 12. November 1918 gilt als Geburtsstunde des Frauenwahlrechts in Deutschland. An diesem Tag erging der Aufruf "An das Deutsche Volk" vom Rat der Volksbeauftragten. Darin heißt es: "Alle Wahlen zu öffentlichen Körperschaften sind fortan nach dem gleichen, geheimen, direkten, allgemeinen Wahlrecht auf Grund des proportionalen Wahlsystems für alle mindestens 20 Jahre alten männlichen und weiblichen Personen zu vollziehen".
Pressestatement von Elke Hannack, DGB - Vize
„Auch wenn Frauen seit 1918 mitbestimmen können, welche Persönlichkeiten welche Politik in diesem Land gestalten - von einer wirklichen Gleichstellung von Frauen und Männern sind wir noch weit entfernt. Denn noch nie waren und noch immer sind Frauen eben eines nicht: gleich beteiligt. Noch immer nehmen sie nicht angemessen Einfluss in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.
Noch immer haben Frauen schlechtere Aufstiegschancen. Die „gläserne Decke“ existiert nach wie vor. Im Jahr hundert nach dem Frauenwahlrecht gibt es Bundesministerien, deren Führungsspitze komplett aus Männern besteht. Frauen werden schlechter bezahlt. Sie erledigen immer noch einen Großteil der Familienarbeit zu Hause – wohlgemerkt unbezahlt. Frauen arbeiten häufiger in Minijobs, sie sind schlechter sozial abgesichert und hängen dadurch oft immer noch am Geldbeutel des finanziell besser gestellten Mannes.
Auch wenn in den letzten Jahren Bewegung in das Thema gekommen ist – mit dem Elterngeld, das eben auch Väter in Anspruch nehmen, mit der Quote für mitbestimmte und börsennotierte Unternehmen, mit dem Entgelttransparenzgesetz, mit dem Recht auf Brückenteilzeit – diese Gesetze waren und sind in der politischen Auseinandersetzung hoch umkämpft. Und die Kompromisse, die gegen den erbitterten Widerstand von Arbeitgebern und Union erzielt wurden, gehen uns Frauen, uns Gewerkschaften, ja dem progressiven Bevölkerungsteil nicht weit genug. Aber immerhin ging es voran.
Heute, mit dem Erstarken rechtspopulistischer Kräfte, droht ein Roll-Back. Die Rechtspopulisten stehen für Heimchen am Herd, sie stehen für ein antiquiertes Familienbild. Diese Leute wollen keine selbstbestimmten Frauen und schon gar keine Frauen in Chefsesseln.
Wir schauen mit Sorge in den Deutschen Bundestag und in die Landesparlamente, in die bei den letzten Wahlen wieder weniger Frauen eingezogen sind. Im Bundestag sitzen heute so wenig Frauen, wie zuletzt vor 20 Jahren (30,7 Prozent). Laut Interparlamentarischer Union* belegt Deutschland damit Platz 46. im Staatenranking. Platz 1 belegt Ruanda mit 61,3 Prozent.
Bei der anstehenden Reform des Wahlrechts gehört die paritätische Beteiligung von Frauen auf die Agenda. Damit Frauen entsprechend ihrem Anteil an der Bevölkerung auch in den Parlamenten vertreten sind, müssen die Parteien mehr Frauen zur Wahl aufstellen.
Wo es um Beteiligung geht, geht es letztlich um die Verteilung von Macht und Verantwortung. Das gilt auch für die Verteilung der (Arbeits-)Zeit zwischen den Geschlechtern. Als Gewerkschaften fordern wir, dass der Begriff der Arbeit an die Lebensrealität der Menschen angepasst wird. Wir brauchen eine breite Debatte über den Begriff der Arbeit, der neben der bezahlten Erwerbsarbeit auch die gesellschaftlich notwendige, unbezahlte Haus- und Sorgearbeit umfasst. Gerade letztere wird zumeist von Frauen erledigt – dieselbe Anerkennung wie männlich dominierte Erwerbsarbeit findet sie jedoch nicht. Das muss sich ändern.
Um einen deutlichen gleichstellungspolitischen Schub zu erreichen, sollte die Bundesregierung die im Koalitionsvertrag vereinbarte ressortübergreifende Gleichstellungsstrategie endlich auf den Weg bringen. Alle Gesetzesvorhaben sollten geprüft werden, damit sie die strukturelle Benachteiligung von Frauen nicht weiter verstärken sondern dazu beitragen, sie zu vermindern. Die ebenfalls angekündigte Bundesstiftung Gleichstellung sollte dabei beratend zur Seite stehen und ein regelmäßiges Monitoring durchführen.
Heute muss es darum gehen, endlich das Versprechen des Grundgesetzes einzulösen: „Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung des Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin." Gleichberechtigung ist ein Grundrecht und nicht verhandelbar!"
* Die Interparlamentarische Union ist eine 1889 gegründete internationale Vereinigung von Parlamenten, mit dem Ziel der Sicherung des Friedens, der Förderung des Demokratieverständnisses in allen Teilen der Welt und der Wahrung der Menschenrechte.
Videobotschaft der stellvertretenden DGB-Vorsitzenden Elke Hannack
Statement von Elke Hannack zu 100 Jahre Frauenwahlrecht
Plakat "Die Erfolge für Frauen in den letzten 100 Jahren"
Auf einem Plakat die gleichstellungspolitischen Erfolge in den letzten 100 Jahren.
EIN BLICK ZURÜCK
Unser Aufruf zum Internationalen Frauentag 2018
In diesem Jahr feiern wir 100 Jahre Frauenwahlrecht! Es war der Rat der Volksbeauftragten, der während der Novemberrevolution von 1918 ein Gesetz erließ, mit dem Frauen in Deutschland erstmals das aktive und passive Wahlrecht erhielten. Lange musste die Arbeiterinnenbewegung dafür kämpfen.
Die erstrittenen Erfolge machen uns Mut und geben uns Kraft für aktuelle Herausforderungen: 100 Jahre nach Einführung des Frauenwahlrechts ist das deutsche Parlament so männlich wie seit zwanzig Jahren nicht mehr. Darum verteidigen der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften, was unsere Vorkämpferinnen erreicht haben und treiben voran, wofür sie den Grundstein legten: Das Recht auf ein selbstbestimmtes Leben in wirtschaftlicher Unabhängigkeit auch für Frauen!
Wir erwarten von der neuen Bundregierung, dass sie sich zu diesem Ziel bekennt und alles daran setzt, die Arbeitszeitlücke, die Entgeltlücke und die Rentenlücke zwischen Frauen und Männern endlich zu schließen.
Lasst uns gemeinsam weiterkämpfen – für eine bessere Zukunft!
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DGB
Unsere Veranstaltung
100 Jahre gleiches Recht für Männer und Frauen zu wählen und gewählt zu werden! Grund genug zu feiern und die Frauen zu würdigen, die unter schwierigen Bedingungen hartnäckig und entschieden für das Frauenwahlrecht gekämpft haben.
Die Frauen im Deutschen Gewerkschaftsbund laden am 06. März 2018 zu einer Soirée in Berlin ein und rufen den Kampf der Arbeiterinnenbewegung für das Frauenwahlrecht in Erinnerung.
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Mitschnitte der Veranstaltung
Bildergalerie